Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Aufgabe, 500 Artikeltexte für einen Onlineshop oder einen Katalog zu erstellen. Wie gehen Sie vor?
Sie könnten sich Artikel für Artikel jedes Mal von Grund auf neu überlegen, was Sie schreiben wollen. Geht in der Theorie. In der Praxis? Erstens dauert das rein sequenzielle Vorwärtsgehen zu lange. Katalogtexten ist auch Fließbandarbeit, bei der am Ende des Tages ein bestimmter Output stehen muss. Und zweitens zehrt die aufwendige Stück-für-Stück-Pickerei an den Nerven und an der Substanz. Sie ziehen viel zu schnell Ihren Köcher leer, wenn Sie sich spontan Ihre Wörter zusammensammeln.
„Thesaurus“ lautet der Fachbegriff für den Wort-Köcher.
Wikipedia sagt dazu:
Als Thesaurus bezeichnet man ein Modell, das versucht, ein Themengebiet genau zu beschreiben und zu repräsentieren. Es besteht aus einer systematisch geordneten Sammlung von Begriffen, die in thematischer Beziehung zueinander stehen. Der Thesaurus ist ein kontrolliertes Vokabular, auch Attributwertebereich genannt, für das jeweils zu beschreibende Attribut. Es werden in erster Linie Synonyme, aber auch Ober- und Unterbegriffe verwaltet.
Bei einer Textmenge von 100, 200, 300 oder noch mehr Produkttexten ist es absolut unerlässlich, sich eine Strategie zurechtzulegen. Ein zentraler Punkt hierbei ist, sich ein Maximum an Wortfeldern und Formulierungen vorab in den Köcher zu packen. Erschwerend kommt bei dieser Art von Arbeit noch hinzu, dass Katalog- und Onlineshop-Artikel die nette Gewohnheit haben, sich wie ein Ei dem anderen zu gleichen. Oder zumindest fast. Jedes Mal auf`s Neue Anlauf nehmen, um wieder und wieder das Ei des Kolumbus zu erfinden?
Nehmen wir Kleinmöbel mit Schubladen – mal mit einer, mal mit zwei, mal mit drei Schubladen, mal Birke, mal Eiche, mal Esche, mal hochkant, mal mit Regalboden, mal ohne, mal abschließbar … mal … mal …und diese Aufzählung ist erst der Anfang …
Thesaurus aufbauen: Wie?
Sich ein, zwei, drei Tage lang durchs Haus und um den PC schleichen, x-beliebige Wörter wahllos aus der Luft und vom Bildschirm haschen und dingfest machen – diese Methode erinnert an einen Schmetterlingjäger, der mit seinem Netz wahllos durch die Gegend rennt. Man muss sich schon mit Plan und Ziel auf die Jagd begeben nach den vielen schönen bunten wertvollen Wörtern, die in den Kontext der Artikel passen. Aber Achtung: Auch der große Rundumschlag empfiehlt sich nicht, sprich die Begriffe für alle Artikeltexte auf einmal einfangen zu wollen. Am besten hat sich bei mir bewährt, Kategorie für Kategorie abzuarbeiten.
Wie also gestaltet man seine Suche: so ergiebig wie möglich, so zeitsparend wie möglich? Wie baut man klug und effizient seinen Thesaurus auf?
Ich starte gerne mit diversen Synonym-Lexika. Auch das Google Keyword-Tool leistet gute Hilfe. Dazu der Blick in das Thema betreffende Foren, Webseiten, auch andere Webshops und Kataloge – nein, keinesfalls für copy/paste von deren Beschreibungen. Es gibt um die Erschließung von Wortfeldern, nicht von längeren Formulierungen. Schon das Klauen von Teilsätzen finde ich PFUI. – Je mehr Wortperlen Sie von überall her anhäufen, desto fundierter die Basis, wenn es später ans eigentliche Texten geht. Bilden Sie dabei keinen großen Haufen, auf dem alles kreuz und quer durcheinander kullert. Bauen Sie in Ihren Wort-Köcher, in Ihre Wort-Schatztruhe, viele Schubfächer ein.
Kostet das Sammeln nicht viel zu viel wertvolle Zeit?
Nein. Am Anfang macht sich vielleicht ein Gefühl von Ungeduld breit. Wörter einsammeln gehört nicht zu den spannendsten Tätigkeiten und erfordert Zeit und Disziplin. Wenn es dann aber richtig losgeht, zahlt sich die Eichhörnchen-Tätigkeit schnell aus. Viele der eingesammelten Wörter bilden ein erstes Grundgerüst auf der riesigen Textbaustelle. Man breitet seinen Schatz aus und nimmt erste Zuordnungen vor. Erst danach kommt der Zeitpunkt, um sich Artikel für Artikel gründlicher vorzuknöpfen und die bereits vorliegenden Textfragmente mit den jeweils produktspezifischen Besonderheiten anzureichern. Stück für Stück für Stück.
Übrigens: Die eingangs erwähnten 500 Artikeltexte sind keine hypothetische Annahme. Vorhin habe ich Text Nummer 228 fertiggestellt. Bleiben mir noch zwei Wochen und zwei Tage Zeit bis zum Abgabetermin. Es wird eng. Aber zusammen mit meinem Thesaurus werde ich es schaffen.
Viele Grüße vom Text-Fließband mit hohem Qualitätsanspruch schickt Ihnen
Esther Nestle
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