Es ist wieder soweit.
Die nächste Runde in der „Höhle der Löwen“ ist eingeläutet.
Wieder suchen Firmengründer einen Investor. Und wieder fiebern Millionen Zuschauer mit, ob es zu einem „Deal“ mit einem der fünf Löwen (Carsten Maschmeyer, Judith Williams/ i. V. Georg Kofler, Frank Thelen, Dagmar Wöhrl und Ralf Dümmel) kommt oder nicht.
Die Gründer werfen alles auf die Waagschale, was aus ihrer Sicht die Chancen für einen Deal erhöht: Den Mehrwert und die Einzigartigkeit ihres Produkts, Storytelling, Ansprache der Emotionen oder schlicht die Nennung nackter Zahlen. So mancher Gründer kommt dabei arg ins Schwimmen – was den Unterhaltungswert der Sendung steigert.
Als Zuschauer kann man dabei für sein eigenes Marketing viel lernen.
Welche Präsentation überzeugt die „Löwen“? Und warum? Wieso scheitert ein Deal? Was haben die Gründer falsch gemacht? Wie kann man solche Fehler bei seinem eigenen Marketing vermeiden?
Wie kommen Gründer in der „Höhle der Löwen“ zu einem erfolgreichen Abschluss ?
Schon beim Hereinkommen in die „Höhle“ und mit ihren ersten Worten können „Löwen“ und Zuschauer einen ersten Eindruck von den Gründern gewinnen. Sie erfahren, um welche Firma bzw. welches Produkt es geht, wie viel Geld die Gründer brauchen und wie viele Firmenanteile sie dafür bereit sind herzugeben.
Die meisten Gründer beschreiben das in ein bis zwei Sätzen und kommen dann direkt zum (zunächst) wichtigsten Punkt:
Der Vorteil des Produkts
Jetzt gilt es, den NUTZEN des Produkts vorzustellen. Warum sollte jemand das Produkt kaufen? Welchen Mehrwert bietet es?
Nur wenn die „Löwen“ diesen Mehrwert verstehen, sind sie bereit, eine Investition ins Auge zu fassen. Dabei spielt für sie auch die Geschichte über die Entwicklung des Produkts eine entscheidende Rolle. Wenn der Gründer nicht selbst davon erzählt, kommt prompt die Frage: „Wie kamen Sie auf diese Idee?“. Und schon kommt der nächste Punkt:
Das Storytelling
Je besser die Story über den Werdegang der Gründer und ihrer Geschäftsidee ist, desto höher ist die Aufmerksamkeit, die ihnen entgegengebracht wird. Menschen lieben Geschichten, da sind die „Löwen“ keine Ausnahme. Mit Geschichten verkaufen, ist deshalb eine der besten Strategien im Marketing.
Die Gründer erzählen von Höhen und Tiefen bei der Entwicklung des neuen Produkts. Von Hürden, die sie überwunden haben und Hürden, die sie nur mit Hilfe eines Investors meistern können. Die „Löwen“ erhalten dadurch ein besseres Bild vom Charakter und der Persönlichkeit der Gründer, was später bei der Frage nach einem Deal mitentscheidend ist. Wer hier nicht zeigt, dass er für seine Idee brennt, ehrgeizig ist und sich einsetzt, hat schlechte Karten.
Diese Werdegang-Geschichten sind immer sehr interessant und oft auch berührend. Das führt mich zum nächsten großen Thema eines erfolgreichen Marketings:
Die Emotionen
Die Gründer sind allesamt restlos von ihrem Produkt überzeugt. Viele überschlagen sich regelrecht vor Begeisterung und lassen ihren Emotionen freien Lauf. Jetzt kommt es darauf an, ob der Funke auf die „Löwen“ überspringt. Ob sie vom Produkt und dessen Erfinder „emotional berührt“ werden.
Normalerweise vergessen die „Löwen“ nicht, wofür sie eigentlich hier sind: Ein Investment zu finden, mit dem sie sich bereichern können (Emotion: Gier!). Dementsprechend verfolgen sie die Produktpräsentation eher mit kühlem Kopf.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Wie bei der äußerst bewegenden und sehr professionellen Vorstellung von Frau Vonnemann. Sie konstruierte für ihre Tochter, die durch einen Schlaganfall Lähmungen und Gleichgewichtsstörungen hatte, eine tragbare Gleichgewichtshilfe.
Ihre Geschichte berührte sämtliche „Löwen“ ungemein und sie fand mit Frau Wöhrl und Herrn Maschmeyer kompetente Investoren. Wobei Maschmeyer äußerte, dass es ihn nicht interessiert, ob er Gewinn macht, ja nicht einmal, ob er sein Geld jemals wiederbekommt. Er betrachtete sein Investment eher wie eine Spende für gemeinnützige Zwecke.
Bei so manchem Auftritt überzeugt die „Löwen“ gar nicht so sehr das Produkt, sondern vielmehr der Gründer. Brennt er für sein Produkt? Würde eine spätere Zusammenarbeit klappen? Oder, wie es Dagmar Wöhrl formulierte, „stimmt die Chemie?“. Im Zweifelsfall entscheiden auch die Löwen nach ihrem „Bauchgefühl“.
Die Erwartung der Gründer in den Verkaufserfolg ihres Produkts ist in der Regel sehr groß. Das führt immer wieder dazu, dass ihre Fantasie bei der Firmenbewertung Blasen schlägt. Da kommen schon mal Wünsche wie „100.000 Euro für 10% Firmenanteil“ und es stellt sich auf Nachfrage heraus, dass der Umsatz im letzten Jahr kleiner war als die gewünschte Investitionssumme. Vor allem Maschmeyer und Thelen bringen ihren Unmut darüber oft mit harschen Worten zum Ausdruck.
Selbst wenn das Produkt überzeugt – wer die Investoren verärgert, geht ohne Deal nach Hause.
Auch hier gibt es Ausnahmen von der Regel. Gestern Abend stellten Malte Steiert und Finn Fahrenkrug ihre App „Foodguide“ vor, die Restaurants in der Umgebung sucht und Fotos der dort angebotenen Speisen zeigt. Die Firmenbewertung war „Überirdisch“ und mit ihren hochtrabenden Expansionsplänen (in die USA) demonstrierten sie eine unglaubliche Naivität in Bezug auf einen erfolgreichen Geschäftsaufbau. Dennoch war Carsten Maschmeyer bereit zu investieren und nahm die beiden Jungunternehmer praktisch unter „Welpenschutz“ („Jetzt habe ich vier Söhne“).
Bei der Entscheidung von Maschmeyer spielte offenbar der nächste Aspekt eine Rolle:
Das Alleinstellungsmerkmal
Wie unterscheidet sich das Produkt von anderen seiner Art? Was ist besser? Was ist anders? Ist es einzigartig? Einige Produkte brauchen einen Patentschutz, weil es sonst innerhalb kürzester Zeit etliche Nachahmer gibt, die das Geschäft ruinieren können. Hier sind schon einige Gründer gescheitert.
Für die „Löwen“ ist das Alleinstellungsmerkmal sehr wichtig, weil sie etwas Neues suchen. Ein Produkt, dass es noch nicht auf dem Markt gibt und das durch seine Einzigartigkeit Gewinne verspricht. Für Allerwelts-Produkte interessieren sie sich nicht. Dafür sind sie die falschen Ansprechpartner.
Was mich gleich zum nächsten Thema bringt:
Die Zielgruppe(n)
Egal welche Marketing-Maßnahme ergriffen wird: Sie muss die Zielgruppe für das Produkt ansprechen, überzeugen und zum Kauf bewegen. In der „Höhle der Löwen gibt es mehrere Zielgruppen.
1.) Die erste Zielgruppe sind die fünf Löwen, die mit ihrem Geld und Know-How die Vermarktung des beworbenen Produkts vorantreiben sollen.
Diese versuchen sich vorzustellen, ob es eine Zielgruppe für das Produkt gibt und ob sie groß genug für eine gewinnbringende Investition ist. „Wer kauft das? Gibt es dafür einen Markt? Wie groß ist dieser Markt?“.
Das gelingt nicht immer. Wie bei Frank Thelen bei der Vorstellung der neuen Katzenkloschaufel von Ali Dilgin in der Sendung vom 24.10.17. Er war offenbar bass erstaunt, dass Katzen auch mal auf’s Klo müssen und konnte sich den Mehrwert für die “weltbeste Katzenkloschaufel“ beim besten Willen nicht vorstellen. Für ihn war das eine fremde Welt, in die er sich nicht hineinversetzen konnte. „Ich bin raus!“
Andere Löwen wie Maschmeyer waren aufgeschlossener, bezweifelten aber einen Verkaufserfolg. Sie konnten sich nicht wirklich in die Zielgruppe der Katzenbesitzer hineindenken.
Zum Schluss war es mal wieder Ralf Dümmel, der sich zu einem Investment entschloss. Allerdings kann er mit seinem riesigen Handelsnetzwerk selbst Produkte, die scheinbar niemand braucht, erfolgreich an den Mann zu bringen. Dabei handelt er oft nach dem Motto: Kleinvieh macht auch Mist.
Außerdem nutzt er die Gunst der Stunde (Zuschauerinteresse), um sein Investment so schnell wie möglich wieder hereinzubekommen. „Seine Produkte“ sind immer schon am Tag nach der Ausstrahlung im Handel erhältlich* und er versteht es meisterhaft, ordentlich die Werbetrommel zu rühren. Für Dümmel war daher die Katzenkloschaufel einen Deal wert. Vor allem nachdem Gründer Dilgin ihn an die etwa 20 Millionen Katzen in Deutschland erinnerte.
*Dazu muss man wissen, dass die ausgestrahlten Sendungen Monate vorher aufgenommen wurden. Das lässt natürlich viel Spielraum für eine Vorbereitung auf die Stunde Null.
2.) Die Zuschauer
Unter den Zuschauern sind mit Sicherheit mehr oder weniger viele Menschen, die sich für das beworbene Produkt interessieren. Die meisten von ihnen überlegen sicher schon während der Sendung, wo und ab wann sie es kaufen können.
Das ist einer der ganz großen Vorteile des Formats. Die „Höhle der Löwen“ bietet Gründern etwa 15 Minuten Dauerwerbesendung im Fernsehen für lau und sie erreichen damit ein Millionenpublikum (am 18.10. waren es sagenhafte 3,32 Millionen) . Selbst wenn sie keinen Deal bekommen – der Bekanntheitsgrad ihres Produkts steigt enorm. Das zeigt sich postwendend am Umsatz.
Außerdem sind Produkte aus der „Höhle der Löwen“ mittlerweile wie eine eigene Marke. Es gibt sogar eine Verkaufsseite für ALLE Produkte aus der „Höhle der Löwen“ – egal, ob ein Deal zustande kam oder nicht.
3.) Die Gründer selbst
Sollten sich mehrere „Löwen“ für ein Investment interessieren, kehrt sich praktisch die Beweislast um. Jetzt müssen die Investoren um den Gründer buhlen und ihn davon überzeugen, welche Vorteile ein Deal gerade mit ihnen hätte.
Fazit
Das Erfolgskonzept vom Sender VOX läuft bereits in der 4. Staffel. Der Reiz der Sendung liegt in der Überraschung (Welches Produkt kommt jetzt?), im Mitfiebern oder Fremdschämen bei der Präsentation der Gründer und der Spannung, ob ein Deal zustande kommt – und wenn ja, unter welchen Bedingungen (manchmal wird um die Firmenanteile gefeilscht, wie auf einem türkischen Basar).
Dabei kommt es zu einem Potpourri der unterschiedlichsten Verkaufstaktiken, die meist so ineinander verwoben sind, dass man sie kaum voneinander trennen kann:
- Die Vorteile (Mehrwert) des Produkts
- Das Alleinstellungsmerkmal
- Das Storytelling
- Die Emotionen, die bei Präsentation und Verkauf eine Rolle spielen
- Die richtige Ansprache der Zielgruppen
Ich freue mich schon auf die nächsten Folgen der „Höhle der Löwen“ und weitere kostenlose Marketing-Lektionen. Vielleicht geht es Ihnen genauso.
Dagmar Hering
Tel: 030 94 399 311
hering@verkaufs-werbetexte.de
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