von Edwin E. Braatz
Welche positiven Folgen können Reklamationen haben?
l Reklamationen geben uns die Chance, den Kunden wieder für uns zu gewinnen (wäre er ohne Reklamation gleich zur Konkurrenz gegangen, hätten wir diese Möglichkeit nicht gehabt)
l sie machen auf Fehler in irgendwelchen Arbeitsbereichen aufmerksam
l sie verhüten den gleichen Fehler bei anderen Kunden
l sie helfen, das Produkt oder die Dienstleistung zu verbessern oder zu vervollkommnen
l sie verstärken den Kontakt zum Kunden (zu dem früher vielleicht nur eine Routinebeziehung bestand)
l sie verbessern die Kenntnisse von Problemen und der Bedarfssituation des Kunden
l sie tragen dazu bei, unsere Fachkenntnisse zu vertiefen
l sie verhelfen unter Umständen zu einem größeren Auftrag (weil durch intensive Beschäftigung mit dem Kunden erst erkannt wurde, wie groß sein Bedarf – auch an anderen Artikeln – ist)
l sie führen zu einer Vertiefung unserer Menschenkenntnis (nirgends lernt man sein „Gegenüber“ so gut kennen, wie bei einer Reklamation)
Welche negativen Folgen können Reklamationen haben?
l Streit
l lang anhaltendes, gespanntes Verhältnis
l völliger Abbruch der Geschäftsbeziehungen (Verlust des Kunden an die Konkurrenz)
l Teilverlust des Kunden (der Kunde bezieht nur noch ein Teil unserer Produkte)
l Zeitverlust für uns
l Aufregung bei allen betroffenen Mitarbeitern
l Differenzen im Betrieb zwischen dem Chef und den „Schuldigen“ oder zwischen den Mitarbeitern untereinander
Welche Antworten auf Reklamationen sind immer verkehrt?
l “Aber es ist doch nicht so schlimm, wie Sie es darstellen“
l “Nein, Herr X, das stimmt nicht“
l “So kann es nicht gewesen sein, wie Sie sagen“
l “Haben Sie …die Ware zu lange gelagert? …das Gerät etwa fallen lassen? …die Gebrauchsanleitung überhaupt gelesen? … vergessen, Ihr Personal richtig anzuweisen? …einen ungeeigneten Mann an die Maschine gestellt? …mit einem Konkurrenzprodukt gearbeitet?“
l “So was kommt bei uns überhaupt nicht vor“
l “Darf ich Ihnen mal sachlich antworten? (das heißt, der Kunde sei unsachlich gewesen)
l “Das ist bei uns noch nie beanstandet worden
l “So was ist noch keinem unsere Kunden passiert“
Woran sollten wir denken, wenn ein Kunde aus Unwissenheit oder falscher Einschätzung seiner Situation unberechtigt reklamiert?
Jeder Mensch macht Fehler, auch wir. Dem Kunden fehlen die Fach-kenntnisse, über die wir verfügen. Darum beurteilt er vielleicht manches falsch. Er wird uns besonders dankbar sein, wenn wir Verständnis für ihn zeigen und ihn nicht mit unserer fachlichen Überlegenheit K.O. schlagen.
Erwarten die Kunden im allgemeinen eine gute oder eine mangelhafte Erledigung ihrer Reklamation?
Aufgrund der vielen schlechten Erfahrungen, die jeder von uns schon gemacht hat, wenn er begründet reklamieren musste, wird die Mehrzahl der Kunden ihre Reklamation mit sehr niedrigen Erwartungen vor-bringen. Dadurch befinden sich die Kunden schon von vornherein in einer Kampfstimmung, die sie gegen jeden weiteren Fehler allergisch macht. Korrekte Reklamationserledigung wird sie überraschen und freundlich stimmen.
Was ist bei jeder telefonisch oder schriftlich eingehenden Reklamation besonders wichtig?
Dass sie sofort bearbeitet wird. Reklamationsbearbeitungen – auch wenn sie noch so unangenehm sind – niemals hinausschieben.
Warum unterbleibt nach Entgegennahme einer Reklamation häufig die Entschuldigung?
Weil eine angeregt vorgetragene Reklamation beim Zuhörer eine gewisse „Abwehrreaktion“ auslöst, die sofort mit Zweifeln und Fragen in Erscheinung tritt. Dadurch wird der Reklamierende zu weiteren Attacken gereizt. Die Entschuldigung dagegen entwaffnet den „Angreifer“, versöhnt ihn oder stimmt ihn freundlicher.
Wenn die Ursache des Fehlers auch nach Anhören der Reklamation nicht endgültig klar ist, soll man wenigsten im Sinne einer Entschuldigung antworten, wie: „Es tut mir leid, dass das passiert ist“ oder „Ich bedauere sehr, dass Sie sich so ärgern mussten.“
Wie hört man richtig zu, wenn ein Kunde reklamiert?
l Konzentriert, Anteil nehmend
l Auch im Mienenspiel zum Ausdruck bringen, dass man bei der Sache ist
l Niemals längere Zeit wortlos zuhören, aber nicht widersprechen
l Nicht den Eindruck erwecken, man denkt: „Lass ihn nur reden“
l Besonders am Telefon ist wortloses Zuhören verkehrt. Man
veranlasst den Kunden damit zu einem ungehaltenen: „Hallo, sind
Sie überhaupt noch da?“
l Von Zeit zu Zeit eine Wendung einfliessen lassen wie: „Das ist
wirklich bedauerlich“ oder „Es tut mir leid“ oder „Da kann ich Ihren
Ärger verstehen“.
Bei größeren Reklamationen macht es sich gut, wenn man bewusst von bestimmten Details Notizen macht. Daran erkennt der Kunde, dass wir seine Reklamationen gründlich prüfen und nichts übersehen wollen. Das Notieren zwingt ihn, sein Tempo und seine Aggression zu mässigen und sich nicht mit Übertreibungen aufzuspielen.
Warum machen die meisten Menschen schon am Anfang, beim Zuhören, leicht psychologische Fehler?
Weil sie sich „angegriffen“, vielleicht sogar beleidigt fühlen. Man weiss aus Erfahrung, dass nicht jede Reklamation berechtigt ist. Kunden übertreiben gern in ihrer Aufregung, reizen uns mit unsachlichen und unrichtigen Bemerkungen – und dann meinen wir, wir müssten sofort „zurück schiessen“.
Warum ist die Beschuldigung von Kollegen oder Mitarbeitern, anderen Abteilungen oder der ganzen eigenen Firma grundverkehrt?
l Weil sie den Kunden nicht versöhnt
l Weil sie in ihm höchstens den Verdacht erregt, dass hier der
Versuch gemacht wird, die Schuld auf andere, vielleicht auf
„Unschuldige“ abzuwälzen
l Weil sie „Spannungen“ zwischen einzelnen Mitarbeitern oder
Abteilungen andeuten könnte, die nach außen getragen werden
sollten
l Weil sie beim Kunden den Eindruck hinterlassen: Hier sind
unzuverlässige Leute am Werk und der gleiche oder andere Fehler
könnte(n) sich wiederholen.
Was ist besser, als Andere zu beschuldigen?
l Entweder kompromisslos zugeben, dass ein Fehler gemacht wurde
und sich dafür entschuldigen oder
l den Fehler zugeben und gleichzeitig denjenigen, der den Fehler
gemacht hat, entlasten, indem man aufzeigt, dass das Versehen in
einem gewissen Sinne menschlich verständlich und darum
entschuldbar sei.
Aber bitte keine „billige“ Entschuldigung. Damit erreicht man das
Gegenteil. Dagegen ist eine Wendung wie: „Das entschuldigt zwar
den Fehler nicht, aber es macht ihn erklärlich“, dazu angetan,
manche Zorneswoge zu glätten!
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