Wer ist Günter? Wenn Sie dabei spontan an den berühmten Schweinehund denken, liegen Sie gar nicht so falsch. Aber eins nach dem anderen….
Wir alle haben im Marketing gelernt, dass wir zuerst unsere Zielgruppe festlegen und beschreiben müssen, bevor wir mit Marketingaktionen, ja überhaupt mit der Produktentwicklung loslegen können. Ist ja nach wie vor nicht ganz falsch. Denn wer jedem gefallen will, kann es am Ende keinem recht machen.
Inzwischen ist man darauf gekommen, dass doch nicht alle Menschen gleich sind. Auch nicht, wenn sie den gleichen Bildungsstand, das gleiche Alter und Einkommen haben. Heureka! Was für eine Erkenntnis! 😉 Seither setzt man auf „Personas“ – eine differenziertere und detailliertere Beschreibung einer Einzelperson, die den idealen Kunden widerspiegelt.
Das ist aber in der Praxis oft eine recht sterile Angelegenheit. Da werden die Idealvorstellungen auf eine Persona projiziert, die nicht wirklich das komplexe Wesen eines echten Menschen widerspiegelt. Die Qualität dieser Art Persona ist ungefähr so, wie die Antwort auf die Frage „Wie sieht Ihr Idealpartner/ Ihre Idealpartnerin aus?“ – solange Sie Single und Idealist sind.
Jeder Jeck ist anders, heißt es im Rheinland.
Und so haben auch Menschen ähnlicher demografischer oder anderer äußerer Merkmale unterschiedliche Lebenserfahrungen, Werte, Ziele und Bedürfnisse. Und – da kommen wir zum inneren Schweinehund Günter – jeder Mensch hat seine ganz persönlichen Schwächen und Probleme. Die können in demografisch ähnlichen Gruppen durchaus gleich sein, müssen sie aber nicht. Ihr Angebot muss aber ein spezifisches Problem lösen, um erfolgreich zu sein.
Denken Sie nur einmal an ein Antiviren-Programm! Das braucht jeder Computer, ob ein junger, alter, armer oder reicher, männlicher oder weiblicher Mensch davor sitzt. Da ist einfach ein generelles Problem zu lösen.
Eine Zielgruppe kann sich als reine Wundertüte entpuppen
Anders beim Thema Altersvorsorge und Kapitalanlage. Das Bedürfnis vorzusorgen, haben viele verschiedene Menschen. Aber ob sie einen Geld-Sparplan bevorzugen oder in Aktien investieren, hängt schon von Ihrer Risikobereitschaft, Ihrem Wissen zum Thema und nicht zuletzt davon ab, wie voll Ihr Sparstrumpf ist. Manche Kapitalanlagen benötigen ein Mindestkapital.
Ich wurde schon mehrfach überrascht, wie heterogen eine vermeintliche Zielgruppe in sich sein kann. Je nachdem, wie unterschiedlich der Erfahrungsstand zu einem bestimmten Thema ist. Da muss man sich nicht wundern, wenn sämtliche Marketingmaßnahmen daneben gehen bzw. im Vergleich zu anderen nur minimale Ergebnisse liefern. Es stecken eben viele verschiedene Interessengruppen und Einzelpersonen in einer Zielgruppe, wenn man einen zu groben Filter ansetzt.
Hand verlesen: mehrfach fein filtern statt grob sieben
Es gilt also, auch innerhalb eines Marketingprozesses und Verkaufsfunnels immer wieder zu filtern. Nach Klicks, Öffnungen und Käufen und vor allem: nach dem NICHT-Kaufen und NICHT-KLICKEN. Geben Sie nicht auf, wenn Leads nicht immer gleich klicken oder gar kaufen. Sammeln Sie bewusst Nicht-Reagierer und fassen Sie nach!
Fragen Sie, was diese Menschen bewegt, bieten Sie andere Leistungen aus Ihrem Portfolio an. Möglicherweise haben diese Menschen gerade ein ganz anderes Problem zu lösen als das, wofür Sie gerade etwas anbieten. Das heißt nicht, dass diese Leads generell nicht bei Ihnen kaufen. Das Potenzial der Inaktiven wird gravierend unterschätzt. ABER: Pflegen Sie diese Kontakte behutsam und nerven Sie nicht mit Nachdruck penetrant. Auch das habe ich schon als Kundin erlebt. Das geht voll nach hinten los!
Ihre idealen Kunden sind reale Menschen!
Einerseits müssen Sie natürlich wissen, wem genau Sie helfen können und wollen. Sie brauchen Kunden, die sich Ihre Leistungen leisten können und wollen und Vorteile darin sehen. Andererseits ist zu berücksichtigen, wie Ihre Kunden als Menschen wirklich ticken und was sie wirklich wollen. Schließlich warten die Menschen nicht auf Sie und Ihre Werbung. Wie bringen Sie das in Einklang?
Durch Fragen:
- Wem nützt Ihr Angebot am meisten?
- Welches konkrete Problem können Sie besser lösen als andere und für wen?
- Wer hat den brennendsten Bedarf an Ihrer Lösung, wer profitiert am meisten von Ihrem Angebot?
- Wen wollen Sie am liebsten als Kunden haben – konstruieren Sie sich Ihren Idealkunden…
ABER DANN…
- Überlegen Sie, wer diesem Idealkunden am ehesten entspricht den Sie persönlich gut kennen!
- Ist es Ihr Kollege Günter oder eher Nachbarin Susanne?
- Wie ähnlich ist Ihr Idealkunde Ihrer eigenen Persönlichkeit?
- Welche Einstellungen und Bedürfnisse und Rahmenbedingungen machen Ihre Zielperson aus?
Ihrem Avatar fließt Blut durch die Adern
Diese Person, die am ehesten dem Menschen gleichkommt, den Sie sich als Ihren Idealkunden wünschen, ist Ihr „Avatar“. Nennen Sie Ihren Avatar beim echten Namen, damit Sie immer das Bild der realen Person vor Augen haben, wenn Sie Marketing-Entscheidungen treffen.
Suchen Sie sich unbedingt eine konkrete, existierende Person dafür aus. Denn wie im Film „Avatar“ werden Sie gedanklich in die Haut dieser Person schlüpfen, um sie richtig gut zu verstehen. Aus dieser Perspektive fällt es Ihnen deutlich leichter zu entscheiden, wie Ihr Angebot aussehen sollte, wie Sie werben und sich präsentieren sollten, um erfolgreich zu sein.
Und noch ein Tipp: für das Feintuning fragen Sie indirekt, was Ihre potenziellen Kunden wollen! Nutzen Sie Ihre existierenden Kontakte und fragen Sie (persönlich oder in Umfragen) nach deren derzeit größten Problem oder der brennendsten Frage. Dann erfahren Sie, was die Menschen wollen und was nicht.
Denn fragen Sie danach, was die Menschen wollen, bekommen sie keine sinnvollen Antworten. Oft genug wissen wir ja erst, was wir wollen, wenn wir es sehen. Wenn Ihre Avatare Ihr Angebot noch nicht kennen, können sie es noch nicht wollen. Klar, oder?
Machen Sie auch diesen Fehler?
Und was ganz wichtig ist: es gibt nicht DEN einen Avatar oder Zielkunden! Ich erlebe es immer wieder, dass Unternehmen eine Schablone auf alle ihre Angebote legen. Das kann nicht funktionieren!
Sie brauchen für jedes Angebot, für jedes Produkt einen separaten Avatar. Manchmal werden sie sich gleichen, aber das sollte nicht vorausgesetzt werden. Stellen Sie sich nur einmal vor, Sie sind ein Elektronik-Konzern. Die Menschen, die sich ein Smartphone kaufen, müssen noch lange kein Interesse an Ihren Fernsehern haben! Der Trend geht sogar dahin, eher zu streamen, als althergebracht fern zu sehen. Unterschiedliche Zielkunden/ Avatare.
Fazit:
Fokussieren Sie Ihr Marketing je Angebot auf eine konkrete Zielperson und betrachten Sie sie in ihrer Ganzheit als Mensch, statt sich Zielgruppen oder künstliche, realitätsfremde Personas zu konstruieren.
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