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Martina Roters: Ein Handy für meinen Mann – wie Unternehmen mit einer Winzigkeit eine sehr negative Kundenerfahrung schaffen.

1 August 2017

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 August 1, 2017
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Smartphone in digitaler Wolke

Vorweg zur Story: Mein Mann ist ein Handyhasser.

Er meint, ein Handy, und erst recht ein Smartphone, versklave den Menschen
Nun ja… Er hat in der Tendenz nicht gaaanz Unrecht, wenn ich daran denke, wie tief der Schreck jedes Mal sitzt, wenn ich annehme, mein Handy verloren zu haben (zumeist Fehlalarm).
Doch meine pragmatische Meinung zum Thema Handy: Wer als mündiger Besitzer auch abschalten kann, der profitiert von nicht wenigen Vorteilen.

Über den Umweg übers Fotografieren wollte ich dem Verweigerer nun wenigstens ein minimalistisches Smartphone, das ich ihm auf der Bay für kleines Geld ersteigert habe, schmackhaft machen:

„Wir legen es ins Auto und dann kannst du beim Spazierengehen Schnappschüsse machen, außerdem kann man damit in allen Situationen einen Notruf absetzen.“

Soweit so gut. Jetzt sollte es noch ohne große Kosten zum Telefonieren bereitstehen.
Mein erster Gedanke war: Prepaid. Ein Guthaben, das bei Bedarf abtelefoniert wird.
Doch siehe da, zuletzt hatte ich mich vor Jahren mit dem Thema beschäftigt und wurde herb enttäuscht. Prepaid, wie ich es mir vorstellte, gibt es kaum noch, außerdem besteht die Gefahr, dass die Nummer deaktiviert wird, wenn man es wirklich lange nicht braucht…
Also entschloss ich mich zu einem Congstar-Postpaid-Tarif für Seltensttelefonierer.

Einen Handyvertrag abschließen hieß nun aber auch, seine Person – aus der Ferne – zu identifizieren. Auf der Webseite hieß es: bequem per Sofort-Ident, sofern man Onlinebanking nutzt.
Da ich Vollmacht und Zugang zum Onlinebanking habe, schritt ich gleich zur Tat. Und ich habe gewissenhaft den Hinweis beachtet, dass man den Namen im Vertrag EXAKT SO ANGEBEN soll, wie er im Ausweis steht.

 

Ein RIESENFEHLER!

 

Obwohl ich im Bankkonto eingeloggt war, schlug die Identifikation fehl.
Hartnäckig war sein 2. Vorname, den ich ja extra angegeben hatte, weil er im Personalausweis steht, farbig unterlegt.

 

Mist! Der Hinweis, dass es möglicherweise am 2. Vornamen liegt und man ihn doch ergänzen möge, der fruchtete nicht: Schließlich hatte ich einen Vornamen zu viel statt zu wenig, da mein Mann bei der Kontoeröffnung vor Jahrzehnten seinen 2. Vornamen nicht mit angegeben hatte.

 

Ich entschloss mich also zum umgekehrten Weg, denn innerhalb 48 Stunden müsste das doch hinzukriegen sein, dass meine kundenfreundliche VR-Bank eben ihrerseits den Namen hinzufügt.

 

Obwohl unser persönlicher Berater in Urlaub war, griff ziemlich schnell die Vertretungsregelung und die Sache ging nach ein paar Formalitäten über die Bühne.

 

Ebenfalls kundenfreundlich: Sobald die Änderung ausgeführt war, hatte die Bank mir vereinbarungsgemäß eine E-Mail geschickt.

 

Ich probierte es erneut. „stimmt nicht mit den Angaben der Bank überein“ hieß es weiter hartnäckig auf der Identifikations-Webseite.

 

Ich griff zum Telefon und rief die Hotline des Dienstanbieters an.
Ich möge bis zum nächsten Morgen warten – möglicherweise sei die Änderung bei der Bank zwar gemacht, aber noch nicht in allen Systemen „durch“.
Klang plausibel – man kennt sowas ja aus anderen Situationen – also hieß es: Geduldig abwarten bis zum nächsten Morgen.

 

Pustekuchen! Penetrant grinste mir die gleiche Fehlermeldung entgegen.

 

Hotline! Hotline meinte, ich müsse wieder die Bank kontaktieren.

 

Nachdem ich mein Geschichtchen wieder vorgetragen hatte, meinte die nette Frau von der Bankhotline nach Blick in die Systeme: Jaaaa, man habe zwar das Konto meines Mannes umgestellt, aber wir würden im System ja auch noch irgendwo als „Eheleute-Duade“ geführt. Vielleicht läge es daran.

 

???!!!

 

Sie würde wieder die Vertreter-Betreuerin kontaktieren. Diese rief mich später an und meinte, man habe es jetzt an allen möglichen Stellen, einschließlich des Sonderkontos, das mein Mann als Lehrer nur mal für die Schulausflüge genutzt hat, geändert. Jetzt MÜSSE es funktionieren, sie wüssten sonst auch nicht, woran es läge.

 

Tja, es funktionierte aber dennoch nicht.

 

Ob es über Nacht funktioniert hätte, weiß ich nicht, denn die 48-Stunden-Frist war vorher um und ließ sich auch nicht verlängern!

 

Die SofortIdent Hotline meinte, ich könne jetzt eine E-Mail an Support schicken, die aber vermutlich nicht vor Ablauf der Frist gelesen werden würde.

 

Der Hilfe-Chat von Congstar meinte danach nur lapidar: Macht nix, dann greift eben automatisch das 2. Identifikationsverfahren via Post-Ident.

 

Und in der Tat: Gleich am nächsten Tag war der Briefträger mit der SIM-Karte da und ließ sich von meinem Mann, den er über 30 Jahre persönlich kennt, den Personalausweis bringen (weil er da irgendwelche Nummern abschreiben musste).

 

Was für eine Odyssee!Fingerabdruck in binärer Umgebung

 

Ich hab mir nicht nehmen lassen, die Congstar-Hotline darauf hinzuweisen, welch fatale Konsequenzen die Formulierung „wie im Ausweis“ gehabt hat.

Richtig wäre gewesen: Für SofortIdent „wie bei Ihrer Bank eingetragen“ für Post-Ident: Wie im Ausweis eingetragen“.

Was allerdings passiert, wenn die Identifikation via Onlinebanking aus irgendeinem Grund dennoch scheitert und der Briefträger dann doch den 2. Vornamen aus dem Ausweis vermisst, das steht in den Sternen…

 

Was lernen Unternehmen daraus?

Für den Kunden zählt schlicht die Erfahrung, die er macht.

Und wenn er sich wegen einer vermeidbaren Kleinigkeit stundenlang rumschlagen muss, dann bleibt ihm das – äußerst unangenehm – im Gedächtnis.

Daher:

1) Testen Sie Ihre eigene Abwicklung mit Testkäufen. Setzen Sie dafür verschiedene Zahlungsmittel ein, und vor allem verschiedene Testpersonen, möglichst solche, die mit Ihrem Unternehmen ansonsten nichts zu tun haben.

 

2) Hören Sie hin, wenn sich Kunden beschweren.

 

3) Hören Sie nicht nur hin, unternehmen Sie auch was!

 

Wieso kann ich mich des Verdachts nicht erwehren, dass mein Hinweis beim Support vielleicht „komplett für die Katz“ war?

Denken Sie in die gleiche Richtung?

A) „Der Support“ ist meistens völlig abgeschnitten von sonstigen Abteilungen des Unternehmens. Dadurch entgeht den Unternehmen wichtiger Kunden-Input.

B) Hinweise werden meist gnadenlos nach Quote abgeschmettert (Lohnt sich erst, wenn sich x Leute darüber beschwert haben). Dabei wird ganz übersehen, dass man als Kunde schon sehr altruistisch veranlagt sein muss, um sich nach dem ganzen Zirkus und der verlorenen Zeit überhaupt noch die Zeit zu nehmen, einen Hinweis auf eine Nicht-Funktionalität zu geben.

PS: Ein Lob an die Mitarbeiter der VR-Bank, die uns als Kunden tatsächlich ernst nehmen und alles in ihrer Macht Stehende getan haben – und das war in diesem Fall nicht wenig! Diese positive Kundenerfahrung bewirkt einen Brand Value Bonus, der eines Tages bei Preisvergleichen mit der Konkurrenz etwas höhere Gebühren wieder aufwiegt.

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